
Blei – Der Gifttod für Seeadler
Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass die artenreiche Fauna Deutschlands auch den majestätischen Seeadler umfasst – einen der größten Greifvögel Europas. In den 1950er- bis 1970er-Jahren wurde er durch menschliche Bejagung und das Insektizid DDT bereits einmal fast ausgerottet. Ein Verbot der Substanz sowie intensive Schutzmaßnahmen ließen die Populationen jedoch letztlich wieder erstarken.1 Doch noch immer hat der streng geschützte Seeadler gegen den Einfluss des Menschen zu kämpfen, wenngleich die Ursachen dessen doch augenscheinlich so leicht zu beheben sind.
Seeadler und der tödliche Einfluss von Blei
Das Seeadler-Gesundheitsmonitoring des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung Berlin untersucht tot aufgefundene Seeadler auf ihre Todesursache hin. Neben menschengemachten Ursachen wie Kollisionen mit Schienenverkehr oder Windkraftanlagen kommen die Forschenden zu einem noch viel drastischeren Schluss: Ein Drittel (in manchen Regionen sogar bis zu 50 %) aller tot aufgefundenen Seeadler sind Bleivergiftungen erlegen. Zudem weisen 30 % aller aufgefundenen Seeadler eine erhebliche Bleikonzentration in den Knochen auf. Neurologische Ausfälle, die zu eben genannten Kollisionen führen können sind die Folge.2 Hauptursächlich hierfür ist die Jagd.3 Das erlegte Wild wird häufig noch im Wald aufgebrochen (ausgeweidet), wobei die Innereien in der Natur zurückbleiben. Dies ist gem. Tierischen in der Regel erlaubt. Opportunistische Tiere wie der Seeadler nehmen die Überreste mit Bleimunition geschossener Tiere auf und werden vergiftet.
Doch auch weitere Umweltgifte aus Bereichen wie Landwirtschaft, Haushalten, Human- und Veterinärmedizin wurden bereits in Adlerküken nachgewiesen.4 Ein Umstand, der alarmierende Rückschlüsse auf die Gesundheit unserer Fauna zulässt, wenn man berücksichtigt, dass der Seeadler einen Top-Prädator am Ende der Nahrungskette darstellt.
Der strenge Schutz der Seeadler
Der Seeadler zählt gem. § 7 Nr. 14 a) BNatSchG i. V. m. der Verordnung (EG) Nr. 338/97 zu den streng geschützten Arten und genießt mithin den höchsten Schutzstatus, den eine Tierart in Deutschland erhalten kann. Zudem wird er bereits durch die Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG auf europarechtlicher Ebene besonders geschützt.
Es ist verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten […]
§ 44 I Nr. 1 BNatSchG
Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 1 einem wild lebenden Tier nachstellt, es fängt oder verletzt […]
§ 69 II Nr. 1 a) BNatSchG
Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 1 ein wild lebendes Tier tötet […]
§ 69 II Nr. 1 b) BNatSchG
Aus dem strafschärfenden Inhalt des § 71 I BNatSchG ergibt sich, dass Täter*innen hinsichtlich oben genannten Taten auch Fahrlässigkeit zu vertreten haben. Wer seinen Aufbruch also in der Natur zurücklässt und somit den Tod oder die Verletzung eines Seeadlers herbeiführt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Vorsätzliches (hier reicht auch billigendes In Kauf nehmen) Handeln stellt gem. § 71 I BNatSchG sogar eine Straftat dar, die mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die dargelegten Umstände mit der in § 1 III BJagdG verankerten Pflicht zur Beachtung der allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit keine Vereinbarkeit finden können. Ein Umstand der gem. §§ 17 II Nr. 4, 18 BJagdG auch die Einziehung des Jagdscheins zur Folge haben kann. Und doch gibt es kein bundesweites Verbot von Bleimunition.
Forderung an die Politik!
Seit dem 15.02.2023 ist Bleischrot in der gesamten EU bei der Jagd in Feuchtgebieten zum Schutze von Wasservögeln verboten.5 Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und das Saarland verbieten bleihaltige Munition vollständig. In Dänemark und den Niederlanden gilt ein solches Verbot sogar landesweit. Dennoch zeigen aktuelle Zahlen deutlich, dass die Belastung für Seeadler und andere Wildvogelarten durch das giftige Blei weiterhin vorherrscht. Darüber hinaus ist und bleibt Blei ein giftiges Schwermetall. Weitere Auswirkungen auf Mensch und Umwelt können nicht ausgeschlossen werden. Alternativen aus Kupfer, Zinn oder Bismut sind längst vorhanden. Aus diesem Grund muss auch Deutschland ein bundesweites Verbot von bleihaltiger Munition erlassen! Nur so können europarechtliche sowie nationale Regelungen zum Schutz von Wildvögeln effektiv durchgesetzt und somit wirksamer Tier- und Artenschutz gewährleistet werden.
Call to Action
Unterschreibe jetzt die Kampagne des LBV für ein Verbot von bleihaltiger Munition in der gesamten EU!

- National Geographic, Rückkehr der Greifvögel: Endlich wieder im Aufwind?, National Geographic 2024, online verfügbar unter: https://www.nationalgeographic.de/tiere/2024/12/rueckkehr-der-greifvoegel-endlich-wieder-im-aufwind (zuletzt abgerufen am 16.05.2025). ↩︎
- Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Seeadler Gesundheitsmonitoring, online verfügbar unter: https://www.izw-berlin.de/de/seeadler-gesundheitsmonitoring.html (zuletzt abgerufen am 16.05.2025). ↩︎
- Green et al., The impact of lead poisoning from ammunition sources on raptor populations in Europe, Science of the Total Environment 823 (2022), Article 154017, online verfügbar unter: https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.154017 (zuletzt abgerufen am 16.05.2025). ↩︎
- Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Seeadler Gesundheitsmonitoring, online verfügbar unter: https://www.izw-berlin.de/de/seeadler-gesundheitsmonitoring.html (zuletzt abgerufen am 16.05.2025). ↩︎
- Verordnung (EU) 2021/57 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 zur Beschränkung der Verwendung bleihaltiger Schrotpatronen in Feuchtgebieten, ABl. L 17, 22.1.2021, S. 1–4, in Kraft getreten am 15.2.2023, online verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2021/57/oj (zuletzt abgerufen am 16.05.2025). ↩︎